Sicher ist es euch auch schon mal passiert. Ihr seid gewandert, es war sehr warm und eure Wasservorräte sind zur Neige gegangen. Was nun? Überall in den Bergen plätschert und sprudelt es. Bäche fließen durch die Wiesen. Wasserfälle schwellen über die Felsen. Quellen entspringen an zahlreichen Stellen, klare Gebirgsseen liegen verträumt inmitten der majestätischen Bergwelt und laden dazu ein, den Durst zu stillen. Trinkwasser aus den Bergen – das wäre jetzt die Lösung.
Doch können wir das Wasser aus den Bergen bedenkenlos trinken? Dieser Frage sind wir mit Nationalpark Ranger Andreas Angermann nachgegangen. Im Rahmen einer geführten Wanderung durch den Nationalpark Hohe Tauern zum Winklerner Almsee haben wir viele nützliche Tipps zum Thema “Trinkwasser aus den Bergen” erhalten und wieder viel Wissenswertes über die Region und die Tier- und Pflanzenwelt gelernt.
Familienwanderung zum Winklerner Almsee im Nationalpark Hohe Tauern
Es ist Mittwoch Morgen und wir treffen uns mit dem Ranger Andreas am Wanderparkplatz zwischen der Winklerner und der Roaner Alm. Die vor uns liegende Rundwanderung führt uns entlang der Landesgrenze von Osttirol zu Kärnten mit dem Ziel Winklerner Almsee. Dieser liegt idyllisch eingebettet in die Berge und Täler der Schobergruppe.
Um den Winklerner Almsee zu erreichen sind gut 200 Höhenmeter zu überwinden. Die gesamte Wanderung erstreckt sich über rund 5 Kilometer und ist somit auch für Kinder gut geeignet. Selbstverständlich dürfen auch Hunde mitgenommen werden.
Bergauf zwischen Heidel- und Rauschbeeren
Vom Parkplatz wandern wir zusammen auf einem gemütlichen Steig. Parallel zu einem urigen Holzzaun, der genau an der Landesgrenze steht und die Almgebiete voneinander trennt und inmitten von unzähligen Beerensträuchern geht es bergauf.
Und schon lernen wir die ersten wichtigen Details zu den Beeren, die hier an den Sträuchern wachsen. Für das ungeübte Auge sehen sie alle aus wie Heidel- / Blaubeeren und dennoch sind sie verschieden. Während die Heidelbeeren sehr lecker und essbar sind, sollten wir die sogenannten Rauschbeeren lieber am Strauch lassen, denn sie verursachen Bauchschmerzen. Echte Heidelbeeren erkennen wir daran, dass sie innen rot sind und die Finger beim Pflücken schön rot/blau färben, wohingegen die Rauschbeeren innen klar sind, ähnlich der Kulturheidelbeeren aus dem Supermarkt. Außerdem sind die Heidelbeersträucher eher hellgrün, die Rauschbeersträucher mehr dunkelgrün.
Zu guter letzt sind da noch die Wacholderbeeren. Verwechslungsgefahr besteht hier allerdings nicht, da die Wacholdersträucher doch ein ganz anderes Aussehen besitzen.
Zwischen Fichten, Lärchen und Zirben
Wir nähern uns der Baumgrenze und durchwandern traumhafte Bestände an Fichten, Lärchen und Zirben. Zahlreiche Fichtenzapfen liegen verstreut auf den Wegen und Holly möchte am Liebsten alle mitnehmen. Zirbenzapfen sind dagegen rar gesät. Andreas erzählt, dass die Zapfen der Zirbe nur wenig mit denen der uns bekannten Kiefern gemeinsam haben. Die Zapfen der Zirbe beinhalten – ähnlich wie die Bucheckern – kleine Nüsse und an denen bedient sich gerne der Tannenhäher. Kein Wunder also, dass die wenigen Zapfen, die wir finden, alle bereits leer sind. Wie gerne hätten wir die Nüsse einmal probiert, aber der Tannenhäher hat uns keine einzige übrig gelassen. Anscheinend ist dies das Anzeichen eines bevorstehenden strengen Winters, denn der Tannenhäher legt sich Futtervorräte an und da er so fleissig gesammelt hat, vermutet Andreas, dass der Vogel dies erahnt.
Trinkwasser am Wegesrand zum Winklerner Almsee
Oberhalb der Baumgrenze wandern wir schließlich weiter in Richtung des Winklerner Almsees. Dabei passieren wir eine Quelle, deren Wasser über eine kleine Holzrinne plätschert. Die perfekte Erfrischung am Wegesrand? Nun kommen wir dem Thema Trinkwasser aus den Bergen langsam näher. Oft habe ich davon gelesen, dass wir keinesfalls das Wasser in den Bergen trinken sollen und falls wir es doch möchten, es dann vorher filtrieren müssten. Unser Nationalpark Ranger Andreas lässt sich davon nicht abhalten. Er lässt das frische Quellwasser in seine Handflächen sprudeln und trinkt. Was bin ich erleichtert, denn genauso hatte ich mir das vorgestellt – Trinkwasser aus den Bergen.
Wir erfahren jedoch trotzdem noch einige wichtige Punkte, auf die wir achten sollten, wenn wir das Wasser in den Bergen trinken möchten und später nicht mit Bauchschmerzen im Bett liegen wollen.
Hier die wichtigsten Infos dazu, die wir, bezogen auf das Wasser in Osttirol, erhalten haben.
Trinkwasser aus den Bergen in Osttirol
Unter folgenden Voraussetzungen können wir Wasser aus den Bergen trinken:
- Wenn das Wasser direkt aus der Quelle kommt, ist es trinkbar.
- Eine Faustregel der Ranger sagt: “Wenn das Wasser 7 Mal über einen Stein geflossen ist, können wir es auch trinken.”
- Vom Wasserfall, der über die Felsen fließt, können wir ebenso trinken. Felsen/Steine reinigen sozusagen das Wasser.
- Quellen in der Nähe von Almen, die z. B. über eine Holzrinne laufen, haben in der Regel auch sauberes Wasser, was dann auch in den Almen genutzt wird.
Darauf sollten wir beim Trinken achten:
- Sicherheitshalber sollte das Wasser aus der Handfläche oder z. B. einem hellen Becher getrunken werden, um Verunreinigungen sichtbar zu machen.
- Wenn die Quelle einer Wiese entspringt, achtet darauf, dass sich etwas oberhalb keine Tierkadaver befinden, durch die das Wasser verunreinigt wird.
- Nicht aus Quellen unterhalb von Weidegebieten trinken, immer nur oberhalb, da die Fäkalien der Tiere, das Wasser verunreinigen können.
Dieses Wasser aus den Bergen solltet ihr zudem NICHT trinken:
Trinke nie: Wasser aus stehenden Gewässern!
Trinke nie: Wasser, das aus stehenden Gewässern herausläuft.
Trinke nie: Wasser mit sichtbaren Verunreinigungen!
Trine nie: Wasser aus Gletscherabflüssen; der Gletscherschliff verunreinigt das Wasser, was ihr bereits an der Färbung erkennt.
Qualität des Wassers in den Bergen
Wasser ist, nur weil es klar ist und keine unmittelbar sichtbaren Verunreinigungen zeigt, nicht immer sauber. Es gibt jedoch ein paar Anhaltspunkte, die für eine sehr gute Wasserqualität zeugen.
Wir stehen an einem kleinen sprudelnden Wasserfall, als Andreas anfängt, Steine im Wasser umzudrehen, um zu gucken was sich darunter befindet.
Es dauert nicht lange und er findet was er sucht. Die Larven der Eintagsfliegen, so erklärt er uns, leben nur in Wasser mit einer guten Qualität und so zeigt er uns mehrere Exemplare.
Wenn wir jetzt noch einen Strudelwurm finden, dann, so erfahren wir, handelt es sich sogar um eine sehr gute Wasserqualität. Und so machen wir uns alle auf die Suche nach dem kleinen Tierchen und drehen Stein um Stein um. Zahlreiche Eintagsfliegenlarven blicken uns an und dann finden wir auch einige Strudelwürmer. Sie sind nicht groß und kaum vergleichbar mit einem Regenwurm.
Nachdem wir noch ein paar Details zu den Tieren hören, packe ich meine Tasse aus und nehme erstmal einen großen Schluck des erfrischenden Wassers. Prost.
Pause am Winklerner Almsee
Malerisch eingebettet liegt der Winklerner Almsee in einem kleinen Talkessel. Für stetige Frischwasserzufuhr ist hier gesorgt. Etwas oberhalb läuft das Wasser in den See, unterhalb plätschert es in einem breiten Bachauslauf munter wieder hinaus. Kleine Fischlein flitzen durch das Wasser. Wollgras ziert das Ufer.
Rastplätze laden zur Pause ein und nach dem Aufstieg machen wir es uns hier oben ein Weilchen gemütlich, während Holly etwas Planschen geht.
Wissenswertes aus der Natur
Schließlich machen wir uns auf den Rückweg, es wird nie langweilig auf dieser Wanderung und dann gibt es auch noch etwas zum Kosten “Jägerbrot”. Andreas packt sein Messer aus und schneidet eine Silberdistel ab. Erstaunt beobachten wir wie er die stacheligen und pieksenden Blätter entfernt, dann die Blüten und immer mehr, bis irgendwann nur noch eine kleine grüne Scheibe übrig bleibt. Sorgsam teilt er kleine Portionen und gibt sie uns zum Probieren. Es schmeckt etwas nussig und unerwartet gut – wir sind begeistert.
Etwas Heilkräuterkunde ergänzt das Thema. Aus dem Heidekraut zupft Andreas Isländisches Moos und informiert uns über die Verwendung als Teeaufguss bei Husten und Halsschmerzen. Das wollen wir testen und nehmen eine Handvoll mit nach Hause.
Auf dem weiteren Weg plaudern wir noch über die Schmetterlinge und woher die bunten Falter ihren Namen haben. Tatsächlich ist es wohl so, dass einige Schmetterlingsarten gerne Schmand / Rahm naschen und so hat sich aus dem ursprünglich slawischstämmigen Wort “Schmetten” für Schmand der Schmetterling (Schmanddieb) entwickelt. Auch das englische Wort Butterfly unterstützt diese Erklärung. Hättet ihrs gewusst?
Letzter Stop in der Winklerner Hütte
Etwas später erreichen wir die Winklerner Hütte. Es ist Zeit für eine Einkehr und wir lassen uns frisch gebackenen Kuchen und ausnahmsweise etwas aromatisiertes Wasser schmecken, bevor sich die Tour dem Ende neigt.
Ein spektakuläres Ende der Wanderung
Zum Ende hin kommt dann wohl die spektakulärste Aktion. Unser Ranger vom Nationalpark Hohe Tauern begibt sich zu einem Ameisenhügel und beginnt mutig mit der Handfläche darauf herum zu klopfen – natürlich nicht allzu heftig, schließlich soll ja nichts beschädigt werden.
Dann sagt er: “Riecht mal!” und hält uns seine Hand hin. In Erwartung, dass mir gleich ein feiner Duft nach Fichtennadeln in die Nase strömt, zucke ich entsetzt zurück. Ein strenger Geruch von Ameisensäure erschreckt meinen Geruchssinn. Die Verteidigungswaffe der Ameisen ist wirklich grandios. Zur besseren Veranschaulichung der ätzenden Wirkung der Ameisensäure, beginnt Andreas jetzt mit einem lilafarbenen Blümchen (das er vorher schon am Wegesrand gepflückt hatte, wobei ich mich insgeheim schon fragte, was er damit wohl vorhat) auf dem Ameisenhügel zu trommeln. Einige Stellen der Pflanze beginnen daraufhin sich pink zu verfärben und demonstrieren damit sehr anschaulich die Stärke der Waffe der Ameisen.
Eine überaus lehrreiche Wanderung durch den Nationalpark Hohe Tauern geht damit zu Ende und wir bedanken und an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich für die Einladung vom Nationalpark Hohe Tauern und für die informative und unterhaltsame Gestaltung der Tour von Andreas Angermann.
Nun freuen wir uns schon umso mehr auf unseren nächsten Urlaub in Osttirol, in dem wir ganz sicher auch wieder an einer geführten Wanderung durch den Nationalpark teilnehmen werden.
Anbei noch ein paar kurze Infos:
Mit 200 Höhenmetern und 5 Kilometern ist die Tour perfekt für Familien mit Kindern aber auch genauso einfach für Erwachsene geeignet. Hunde dürfen mitgenommen werden; genügend Trinkmöglichkeiten sind unterwegs gegeben.
Auch landschaftlich ist die Wanderung ein absoluter Hingucker und zu 100% empfehlenswert. Schaut es euch an!
Achtung:
Wenn ihr aus den angegebenen Gewässern trinkt, geschieht dies auf euer eigenes Risiko. Ich übernehme keine Haftung, wenn der ein oder andere anschließend über Bauchschmerzen klagt. Wir hatten unsererseits bisher nie Probleme, wenn wir in Osttirol frisches Quellwasser getrunken haben, aber wer eventuell Magen-Darm-technisch empfindlich ist, sollte besonders auf die Sauberkeit achten.
Liebe Grüße und viel Spaß in den Bergen.
Eure Dina
Für mehr Infos zum Nationalpark Hohe Tauern Osttirol besucht doch mal die Webseite.Vielleicht findet ihr dort auch eine spannende Wanderung.