Österreich verfügt über sechs Nationalparks. Einer davon ist der Nationalpark Hohe Tauern, der sich mit einer Gesamtfläche von 1856km2 über Osttirol, Kärnten und Salzburg erstreckt. Im Nationalpark Schutzgebiet lebt eine Vielfalt an Tieren, angefangen von Säugetieren, über Vögel bis hin zu Reptilien und Amphibien.
Außerdem besticht der Nationalpark Hohe Tauern durch eine artenreiche Pflanzenwelt. Wer einmal ganz genau hinschaut, der wird bei seinen Wanderungen einiges davon entdecken. Dabei lohnt es sich einmal an einer geführten Wanderung mit einem Ranger vom Nationalpark teilzunehmen, um den Blick für die Kleinigkeiten am Wegesrand zu öffnen und viel Wissenswertes über die Tier- und Pflanzenwelt zu erfahren.
Auf Einladung vom Nationalpark waren wir deshalb bei der “Big Five Wildtiersafari” dabei, über die ich euch an dieser Stelle berichten möchte.
Mit dem Ranger auf Entdeckungsreise im Ködnitztal / Kals am Großglockner
Regelmäßiger Treffpunkt der Wildtiersafari ist der Parkplatz am Lucknerhaus. Von hier aus wandern wir gemeinsam mit dem Ranger Matthias Mühlburger durch das wunderbare Ködnitztal. Gut ausgestattet mit Spektiv und Fernglas machen wir uns dabei auf die Suche nach den Big Five der Alpen wie Murmeltier, Gams, Steinadler, Bartgeier und Steinbock. Dazu erfahren wir viele interessante Details über die Tiere und Pflanzen, die uns am Wegesrand begleiten.
Die Wildtiersafari ist ein beliebtes Angebots des Nationalparks und so starten wir an diesem Morgen in drei kleinen Gruppen, wobei jede Gruppe ihren eigenen Ranger dabei hat. So ist gewährleistet, dass jeder Teilnehmer genügend Zeit hat, einen Blick durch das Spektiv zu werfen, die Tiere zu beobachten und den vielen Erzählungen des Rangers zu folgen.
Die Tour ist sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern gleichermaßen beliebt und es ist schön zu sehen, wie viele Menschen Interesse an der Natur- und Pflanzenwelt Osttirols haben, ausdauernd die Berghänge nach Tieren absuchen und den Informationen des Rangers lauschen.
Murmeltiere – gesellige und reinliche Bewohner des Nationalparks Hohe Tauern
Als erstes Tier an diesem Tag begegnet uns das Murmeltier. Im morgendlichen Sonnenschein sitzt es vor seinem Bau und beobachtet die Umgebung, um seine Artgenossen frühzeitig vor Feinden am Boden (mit mehreren kurzen Pfeifen hintereinander) oder aus der Luft (langes Pfeifen) zu warnen.
Wir erfahren, dass Murmeltiere in Familienbünden leben und über Hauptbauten und Nebenbauten verfügen, in die sie sich bei Gefahr schnell hinein flüchten können. In ihrem Hauptbau legen sie sich verschiedene “Zimmer” an, darunter sogar ein eigenes “WC” – den Klogang für den Winter. Es ist nämlich so, dass Murmeltiere auch während des Winterschlafs regelmäßig aufwachen und ihr Geschäft verrichten müssen. Dazu suchen sie dann den Klogang auf und wenn dieser tatsächlich einmal voll wird, wird er sorgsam verschlossen und ein anderer Klogang angelegt. Murmeltiere sind somit äußerst reinliche Tiere.
Die Gams ist schlauer als der Steinbock
Hättet ihr das gewusst oder hättet ihr überhaupt über diese Frage nachgedacht? Auch wenn wir bei dieser Widltiersafari kein Glück in Punkto Steinböcke haben, so begegnen uns jedoch zahlreiche Gämsen an diesem Morgen. Friedlich frühstücken sie an den grasigen Hängen des Ködnitztals und sind viel weiter unten im Gebirge, als ich es für möglich gehalten habe.
Einige ziehen einzeln durch die Landschaft, andere und so erfahren wir, sind in Verbünden von Mutter- und Jungtieren unterwegs, wobei die Gamsböcke eher Einzelgänger sind.
Während der Brunftzeit können sich rivalisierende Gamsböcke bis auf den Tod bekämpfen. Dabei verhaken sie ihre Hörner miteinander und können dem Rivalen so das Genick brechen.
Um noch auf Eingangsfrage zurückzukommen, warum Gämsen schlauer als Steinböcke sind, erklärt uns der Ranger, dass Gämsen im Winter bei hoher Schneelage mögliche Bereiche in denen Lawinen abgehen könnten, umrunden, wohingegen der Steinbock mitten hindurch geht und somit häufiger zum Lawinenopfer wird als die Gams.
Aus dem Borderherz Archiv: Steinbock im Ködnitztal, aufgenommen vor ein paar Jahren auf dem Weg zur Stüdlhütte
Die Könige der Lüfte
Steinadler und Bartgeier bleiben uns – ebenso wie der Steinbock – bei unserer Wildtiersafari im Nationalpark Hohe Tauern heute verborgen. Aber so ist das nun mal im Leben, denn der Nationalpark ist kein Zoo und die Tiere haben ihren eigenen Tagesplan.
Die Pflanzenwelt im Nationalpark Hohe Tauern
Im Ködnitztal blüht eine Vielzahl kleiner und großer Pflanzen. Oft wandern wir einfach daran vorbei, genießen zwar die bunte Vielfalt, aber wissen letztendlich gar nicht, welche Besonderheiten diese teils noch so kleinen farbenprächtigen Blumen haben.
Eine kleine unscheinbare Pflanze mit winzigen gelb-weißen Blüten ist im Nationalpark besonders weit verbreitet. Sie erinnert ein wenig an ein Gänseblümchen, nur dass sie deutlich flächendeckender wächst. Es ist der Augentrost. Als Heilkraut wird er bereits seit dem Mittelalter verwendet und soll – wie der Name schon sagt – Augenbeschwerden lindern.
Lilafarbene Blüten leuchten ausdrucksstark am Wegesrand; es sind der Schwalbenwurz-Enzian und der Eisenwurz (Achtung: hochgiftig).
Der Kleine Klappertopf strahlt in einem fröhlichen Gelb und unser Ranger demonstriert eindrucksvoll, warum die Pflanze Klappertopf genannt wird – in seinen reifen Früchten klappern die Samen.
Highlight der Pflanzen ist das Edelweiß. Niemals hätte ich gedacht, dass wir es hier im Ködnitztal finden werden, denn ich hätte es eher viel höher in den Gebirgsregionen vermutet. Und so steht es völlig unbeachtet und glücklicherweise oft übersehen, sonst wäre es sicher schon gepflückt worden, obwohl es zu den schutzbedürftigen Pflanzen des Alpenraums zählt.
Mit offenen Augen durch den Nationalpark Hohe Tauern
Zum Abschluss der Tour haben wir viel gesehen, viel erlebt und noch mehr erfahren. Die Tier- und Pflanzenwelt des Nationalparks Hohe Tauern ist so vielfältig und artenreich, dass ich es euch hier mit einem einzigen Beitrag kaum alles erzählen kann.
Eines habe ich nach dieser geführten Wanderung besonders mit nach Hause genommen. Es ist mehr als lohnenswert an einer geführten Tour teilzunehmen, denn im Anschluss sind unsere eigenen Wanderungen viel intensiver geworden. Die Augen sind nicht mehr nur auf das Ziel gerichtet, sondern auch wieder auf die kleinen Dinge am Wegesrand, auf die Natur und die Tiere. Es ist einfach schön zu wissen, an welcher kleinen Pflanze wir uns gerade im Vorbeiwandern erfreuen und welche einzigartigen Besonderheiten die Tiere des Alpenraums haben.
Solltet ihr also mal im Nationalpark Hohe Tauern sein, dann nehmt euch doch mal die Zeit und nehmt an einer der geführten Wanderungen mit einem Ranger teil.
Liebe Grüße
eure Dina
Zum Artikel “Große und kleine Bergschönheiten”